GmbH & Co. KG: Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH gegenüber der KG

In einem aktuellen Urteil des Kammergerichts Berlin hat sich dieses mit der Haftung des Geschäftsführers einer Komplementär GmbH, deren Aufgabe die Geschäftsführung für die GmbH & Co. KG ist, auseinandersetzt. Grundlage des Urteils sind Ausführungen über die Haftungsvoraussetzungen und die Beweislast bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen der Geschäftsführer der Komplementär GmbH. Verglichen mit der unmittelbaren Haftung des Geschäftsführers einer GmbH gegenüber derselben aufgrund seiner Organstellung geht es in den Konstellationen einer GmbH & Co. KG um die Haftung gegenüber einer Gesellschaft mit welcher der GmbH-Geschäftsführer selbst gar keine unmittelbare Vertragsbeziehung hat. Er erfüllt als Geschäftsführer der Komplementär GmbH die Aufgabe der Geschäftsführung für die GmbH, die wiederum ihrerseits eine vertragliche und gesellschaftsrechtliche Beziehung zur KG hat.

Zu diesem Thema hat das KG Berlin (Urteil vom 24.02.2011 – Az: 19 U 83/10) nun folgende Leitsätze aufgestellt:

1. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH haftet der KG unabhängig vom Bestehen eines Dienstverhältnisses zumindest dann allein auf Grund der drittschützenden Wirkung seiner Organstellung entsprechend § 43II GmbHG, wenn die alleinige oder wesentliche Aufgabe der Komplementär-GmbH darin besteht, die Geschäfte der KG zu führen.

2. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der KG gegenüber dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bedarf keines vorherigen Beschlusses der Gesellschafter nach § 46 Nr. 8 GmbHG.

3. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH verletzt die von ihm gem. § 43I GmbHG zu beachtende Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns, wenn er trotz zuvor im Zusammenhang mit der Erstellung eines Emissionsprospekts erfolgter mündlicher Beauftragung einer Rechtsanwaltssozietät nach Erbringung der beauftragten anwaltlichen Leistungen Honorarvereinbarungen schließt, die die KG zur Zahlung von 375 000 Euro und 150 000 Euro an die Rechtsanwaltssozietät verpflichten, ohne zuvor (Rechts-)Rat darüber einzuholen, ob die KG zum – nachträglichen – Abschluss der Honorarvereinbarungen verpflichtet ist und ihr aus der Höhe der vereinbarten Honorare ein wirtschaftlicher Nachteil, gegebenenfalls in welcher Höhe, erwächst.

4. Die Gesellschaft genügt der ihr im Hinblick auf § 43II GmbHG obliegenden Darlegungs- und Beweislast bereits dann, wenn sie ein „möglicherweise pflichtwidriges“ Verhalten des Geschäftsführers dartut und im Bestreitensfalle beweist. Demgegenüber hat der Geschäftsführer Umstände darzutun und im Bestreitensfalle zu beweisen, dass das schadensauslösende Verhalten nicht pflichtwidrig gewesen ist oder ihn zumindest kein Schuldvorwurf hinsichtlich der Pflichtverletzung trifft. Diese Grundsätze gelten auch für einen ausgeschiedenen Geschäftsführer.

5. Eine Haftung des Geschäftsführers entfällt, wenn sein Handeln auf einer Weisung der Gesellschafter beruht oder von diesen gebilligt worden ist. Dies gilt aber nur dann, wenn der Geschäftsführer den Gesellschaftern vor deren Weisung oder Billigung die Tatsachengrundlage für die zu treffende Entscheidung ausreichend vermittelt, ausreichend über Risiken oder sonstige Bedenken hinsichtlich der betroffenen Maßnahme informiert und eine pflichtwidrige Beeinflussung der Willensbildung unterlassen hat.

6. Im Falle des ohne vorherigen (Rechts-)Rat erfolgten Abschlusses einer Honorarvereinbarung für bereits erbrachte anwaltliche Leistungen durch den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH zu Lasten der KG bemisst sich der Letzterer entstandene Schaden aus der Differenz zwischen den vereinbarten und gezahlten Honoraren sowie den für die honorierten anwaltlichen Leistungen bereits angefallenen gesetzlichen Höchstgebühren. Die Gesellschaft hat den Schaden darzutun und zu beweisen; dabei kommen ihr über § 287 ZPO Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugute.

7. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer KG handelt pflichtwidrig, wenn er einen zwischen der KG und einer weiteren Gesellschaft bestehenden Produktionsdienstleistungsvertrag durch eine nachträgliche Kooperationsvereinbarung zum Nachteil der KG abändert, ohne zuvor durch Einholung von (Rechts-)Rat zu klären, ob eine Rechtspflicht zum Abschluss der nachträglichen Vereinbarung besteht und welche rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteile damit für die KG verbunden sind. Verstößt der Abschluss der nachträglichen Vereinbarung durch den Geschäftsführer – auch – gegen die Satzung der Gesellschaft, muss nicht die Gesellschaft den behaupteten Schaden dartun und beweisen, sondern trägt der Geschäftsführer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der von der Gesellschaft behauptete Schaden nicht eingetreten ist.

Jan Köster

Rechtsanwalt Jan Köster ist seit 2009 Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht seit 2007 Fachanwalt für Steuerrecht.
Die kanzleiköster ist eine auf das Gesellschaftsrecht spezialisierte Boutique-Kanzlei in Münchens Museums- und Universitätsviertel Maxvorstadt.