Abschluss eines mündlichen Geschäftsführervertrags führt nicht zur Aufhebung eines früheren Dienstverhältnisses

Das Bundesarbeitsgericht hatte darüber zu entscheiden, ob die Berufung eines kaufmännischen Angestellten zum Geschäftsführer, bei der keine schriftliche Vereinbarung (sprich ein Geschäftsführer-Dienstvertrag) getroffen wurde dazu führt, dass dessen früheres Arbeitsverhältnis aufgehoben wird. Dies spielt dann eine Rolle, wenn das Geschäftsführeramt endet und die Frage zu entscheiden ist, ob in diesem Fall das frühere Arbeitsverhältnis wieder auflebt. Das BAG stellt insoweit fest, dass mit dem Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrags ein bisheriges Arbeitsverhältnis eines angestellten Mitarbeiters im Zweifel aufgehoben wird. Eine wirksame Aufhebung des früheren Arbeitsverhältnisses setzt aber die Einhaltung des Schriftformerfordernisses nach § 623 BGB voraus, was meist schon durch den Abschluss eines schriftlichen Geschäftsführer-Dienstvertrags gewahrt wird.

Wenn die Parteien allerdings den Geschäftsführer-Dienstvertrag lediglich mündlich geschlossen haben, ist für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Schriftform des §623 BGB nicht eingehalten worden, so dass es auch während der Dauer der Geschäftsführertätigkeit fortbestanden hat und nach der Abberufung wieder aufgelebt ist. Auch die Tatsache, dass die Geschäftsführertätigkeit mehrere Jahre ausgeübt wurde, kann diesen
Formmangel nicht  und unbeachtlich machen.

(vgl. BAG, Beschluss vom 15.3.2011— 10 AZB 32/10)

Zu allererst war über den Rechtsweg zu entscheiden.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das LG Hamburg (Kammer für Handelssachen) verwiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Kl. hat das LAG den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt. Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Das LAG hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten fiir Arbeitssachen zu Recht angenommen, denn nach § 2 Abs. 1 Nr.3 Buchst.b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zustandig fiir bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aber das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhaltnisses. Wer Arbeitnehmer i.S.d. Arbeitsgerichtsgesetzes ist, bestimmt §5 ArbGG. Nach §5 Abs. 1 S.3 ArbGG gelten in Betrieben einer juristischen Person oder Personengesamtheit Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind. Die Fiktion des §5 Abs.1 S. 3 ArbGG gilt unabhangig davon, ob das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhaltnis materiellrechtlich ein freies Dienstverhaltnis oder ein Arbeitsverhaltnis ist.

Auch wenn ein Anstellungsverhaltnis zwischen der juristischen Person und dem Mitglied des Vertretungsorgans wegen dessen starker intemer Weisungsabhangigkeit als ein Arbeitsverhaltnis zu qualifizieren ist und deshalb materielles Arbeitsrecht zur Anwendung kommt, sind zur Entscheidung eines Rechtsstreits aus dieser Rechtsbeziehung die ordentlichen Gerichte berufen. Deshalb scheidet für eine Klage eines GmbH-Geschaftsfiihrers gegen die Kündigung seines Anstellungsvertrags durch die GmbH der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen aus. Nur dann, wenn der Rechtsstreit zwischen dem Mitglied des Vertretungsorgans und der juristischen Person nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhaltnis, sondern eine weitere Rechtsbeziehung betrifft, greift die Fiktion des §5 Abs.1 S.3 ArbGG nicht ein. Nach der st.Rspr. des BAG ist aber nach der Bestellung eines Arbeitnehmers zum Geschaftsfahrer einer GmbH eine weitere Rechtsbeziehung in dem genannten Sinne regelmaBig zu vemeinen. Mit dem Abschluss des Geschaftsführer-Dienstvertrags wird vielmehr das bisherige Arbeitsverhaltnis des angestellten Mitarbeiters im Zweifel aufgehoben. Nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien soil neben dem neu abgeschlossenen Dienstverhaltnis kein „ruhendes“ Arbeitsverhaltnis fortbestehen, das nach der Abberufung als Geschaftsfahrer ggf. wiederauflebt.

Dem Arbeitnehmer ist im Regelfall auch klar, dass, wenn nichts anderes vereinbart worden ist, mit dem Abschluss eines Geschaftsfahrer-Dienstvertrags die vertragliche Beziehung der Parteien auf eine neue Grundlage gestellt wird und er seinen Status als Arbeitnehmer aufgibt, Eine andere Auslegung der anlässlich bei Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrags abgegebenen Parteierklärungen kommt nur dann in Betracht, wenn deutliche Anhaltspunkte für die Absicht einer Fortführung des Arbeitsverhdltnisses vorliegen. Es miissen insoweit weitere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass die Parteien neben dem Geschaftsfiihrer-Dienstvertrag noch einen Arbeitsvertrag ruhend fortbestehen lassen und nach der Abberufung wieder realisieren wollten.
Allerdings setzt die wirksame Aufhebung des friiheren Arbeitsverhaltnisses die Einhaltung des Schriftformerfordemisses nach § 623 BGB voraus. Nach der zutreffenden Rspr. des Zweiten, Fünften und Sechsten Senats des BAG wird das Schriftformerfordemis in diesen Fallen aber schon regelmaBig durch den Abschluss eines schriftlichen Geschaftsfiihrer-Dienstvertrags gewahrt.  Aus der schriftlichen Vereinbarung ergibt sich regelmaBig hinreichend deutlich die gleichzeitige Beendigung des ursprtinglichen Arbeitsverhaltnisses.

(Quelle: GmbH-Rundschau Heft 16, S. 867ff.)

Praxistipp:

Wenn die Gesellschafterversammlung einen Angestellten zum Geschäftsführer befördern möchte, sollte darauf geachtet werden, dass ein früherer Arbeitsvertrag aufgehoben wird. Diese Aufhebung kann entweder konkludent durch einen neuen schriftlichen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag oder / und (besser!) einen ausdrücklichen Aufhebungsvertrag geschehen. Das Bundesarbeitsgericht hat mit der hier dargestellen Entscheidung jedenfalls klargestellt, dass die Beseitigung eines formalen Arbeitsverhältnisses stets formal durchgeführt werden muss und man im Zuge der Geschäftsführerbestellung nicht von einer automatischen Umwandlung von einem Arbeitsvertrag in einen Geschäftsführer-Dientsvertrag ausgehen kann.

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Jan Köster

Rechtsanwalt Jan Köster ist seit 2009 Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht seit 2007 Fachanwalt für Steuerrecht.
Die kanzleiköster ist eine auf das Gesellschaftsrecht spezialisierte Boutique-Kanzlei in Münchens Museums- und Universitätsviertel Maxvorstadt.