Cash-Pooling: Intelligente Zins- und Liquiditätsoptimierung mit haftungsrechtlichen Schattenseiten

Gerade in den heutigen Krisenzeiten, in denen nicht einmal rekordverdächtig niedrige Leitzinzen der Zentralbanken kurz- und mittelfristige Kreditklemmen verhindern können, ist es für Unternehmen von einem besonderen Interesse eigene Lösungsansätze zur Behebung von Liquiditätsschwierigkeiten und zur Optimierung von Zinsen zu entwickeln. Ein beliebtes und sich auf dem Vormarsch befindendes Mittel ist hierfür das sog. „Cash-Pooling“.

Zusammenführen von Liquidität

Vereinfacht dargestellt führt jede Tochtergesellschaft als Mitglied der Cash-Pool-Systems ein eigenes Konto bei der Poolbank (Ursprungskonten) und die Muttergesellschaft ein zentrales Konto (Zielkonto). Nun werden täglich die Saldi der einzelnen Konten auf dem Zielkonto zusammengeführt und die einzelnen Konten auf Null gestellt. Diese zusammengeführte Liquidität kann dann bedarfsgerecht an die Tochtergesellschaften verteilt werden. Bei der Übertragung von Liquiditätsüberschüssen handelt es sich bei zivilrechtlicher Betrachtung um Darlehen. Insoweit wird zwischen aufsteigenden (upstream) Darlehen von der Tochter- an die Muttergesellschaft, wenn die Glattstellung zugunsten des Zielkontos erfolgt, und absteigenden (downstream) Darlehen, wenn durch den Cash-Pool das Konto der Tochtergesellschaft ausgeglichen wird. Bei einer weiteren Untervariante, dem „Conditional Balancing“ werden die Konten der Tochtergesellschaften nicht auf Null gestellt, sondern ihnen verbleibt eine gewisse Grundliquidität in Form eines Sockelbetrages.

Haftungsrisiken

Wenngleich die Implementierung eines solchen Systems die Notwendigkeit, sich kostspielige kurzfristige Kredite zu beschaffen, minimiert, bedingt es doch erhebliche Haftungsrisiken für die beteiligten Geschäftsführer:

1. Auszahlungsverbot gem. § 64 S.1 GmbHG

Tätigt der Geschäftsführer nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung noch Zahlungen, so ist er der Gesellschaft gegenüber zum Ersatz verpflichtet. Die Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 InsO ist dann gegeben, wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist mindestens 90% ihrer an einem Stichtag fälligen Schulden innerhalb von 3 Wochen zu begleichen. Die Überschuldung gem. §19 II InsO dann, wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr die Verbindlichkeiten deckt, es sei denn, dass die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist. Hiervon ausgenommen sind Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind.

Als solche kommen Zahlungen in Betracht, die der Abwehr des unmittelbaren Zusammenbruchs dienen oder Zahlungen, die für einen Sanierungsversuch, welcher Aussicht auf Erfolg hat, notwending sind. Um das Haftungsrisiko einzugrenzen, sollte also peinlichst genau auf eine entsprechende Dokumentation der Zahlungen mit ihrer jeweiligen Begründung geachtet werden. Weiterhin kann es gegebenenfalls geboten sein, die Zulässigkeit einer Zahlung vorab von entsprechend qualifizierter Seite absegnen zu lassen. Eine Exkulpation wegen der Nichterkennbarkeit der Insolvenzreiche kann dem Geschäftsführer nur gelingen, sofern er nachweisen kann seine Pflichten zur wirtschaftlichen Selbstkontrolle nicht verletzt zu haben.

2. Insolvenzpräventionshaftung gem. § 63 S.3 GmbHG

Bereits vor der Insolvenzreife kann ein Haftungsrisiko entstehen, wenn ein die Liquidität beeinträchtigender Vermögensabfluss an den Gesellschafter geleistet wird, der zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen muss. Hierbei ist einzig auf die Liquidität abzustellen, so dass zwar liquiditätsverbessernde Gegenleistungen, nicht aber angebotene Sicherheiten oder Rückzahlungsansprüche, welche erst verwertet werden müssen, den Geschäftsführer entlasten.

Auch ein Nachweis, dass eine durch die Zahlung an den Gesellschafter bedingte Zahlungsunfähigkeit nicht erkennbar war, entlastet nur, wenn von dem Geschäftsführer die Pflicht zur wirtschaftlichen Selbstkontrolle entsprechend gewahrt wurde. Da der Geschäftsführer sicherstellen muss, dass bei eigener Liquiditätsschwierigkeiten auch Zahlungen an sie geleistet werden können, muss er genauste Informationen über die Muttergesellschaft einholen. Ist die Zuführung von Liquidität seitens der Muttergesellschaft nicht gewährleistet, darf der Geschäfstführer keine Zahlungen mehr in den Cash-Pool veranlassen.

Um eine Haftung zu vermeiden, muss der Geschäfstführer also nicht nur die eigene Liquidität beobachten, sondern auch die des Cash-Pools der beteiligten Gesellschaften und die der Muttergesellschaft. Hier sollte bereits im Vorfeld eingewirkt werden und durch Vereinbarung gewisse Informationspflichten sichergestellt werden. Spätestens bei Krisenanzeichen bei einem der Teilnehmer muss der Geschäftsführer alle Informationsmöglichkeiten ausreichend ausschöpfen, um eine eigene Hatung zu vermeiden. Da die angemessene Reaktion auf negativ ausfallende Informationen der Austritt aus dem System darstellt, sollte vorab zudem eine zustimmungsfreie Kündigungs- bzw. Aussetzmöglichkeit vereinbart werden. Macht der Geschäftsführer allerdings unbegründet von der Kündigungsmöglichkeit Gebrauch, setzt er sich gegenüber der Muttergesellschaft einem Haftungsrisiko aus.

3. Erhaltung des Stammkapitals

Auch beim Cash-Pooling ist der Geschäftsführer nicht von der Pflicht befreit, die Erhaltung des Stammkapitals zu gewährleisten. Diesbezüglich regelt § 30 I GmbHG, dass nur dann die Einlageleistung an den Gesellschafter (hier z.B. Muttergesellschaft) zurückfließen darf, wenn der Zahlung im Auszahlungszeitpunkt ein vollwertiger Gegenanspruch gegenüber steht.

Die Frage, ob der Gegenanspruch vollwertig ist, obliegt hierbei dem Geschäftsführer. Hier ist allerdings zu beachten, dass die Erfüllung der Sorgfaltspflicht des Geschäftsführers aus einer ex-ante Sicht bewertet wird. Er entkommt somit der Haftung, wenn aus dieser ex ante Sicht ein Forderungsausfall als unwahrscheinlich zu bewerten war, selbst wenn dieser später dann tatsächlich eintreten sollte. Doch mit dieser anfänglichen Beurteilung zum Auszahlungszeitpunkt kann sich der Geschäftsführer bei weitem nicht beruhigt in den Sessel zurücklehnen und die Sache nicht weiter verfolgen. Vielmehr greift eine fortlaufende Überwachungspficht, welche den Geschäftsführer verpflichtet, sich bezüglich der tatsächlichen Fähigkeit der Darlehnsrückzahlung Informationen bei den anderen Beteiligten einzuholen.

Fazit

Aufgrund der deutlichen Rechtsprechung kann an dieser Stelle dringlich angeraten werden, ein entsprechendes Frühwarn- wie auch Informationssystem zu errichten, um eine entsprechende Haftung zu vermeiden. Sollten die so erlangten Informationen eine entsprechende Bonitätsverschlechterung andeuten, ist dies von seiten des Geschäftsführers mit der Kündigung des Pool Systems zu quittieren. Hier kann der Geschäftsführer allerdings in eine Zwickmühle geraten: Kündigt er nicht, haftet er, kündigt er allerdings verfrüht und stellt sich der Kündigungsgrund später als nichtig dar, kann dies erhebliche Haftungsansprüche der Muttergesellschaft gegen den Geschäftsführer der Tochtergesellschaft nach sich ziehen. Um das Risiko einer Haftung zu minimieren, empfiehlt sich auch hier, erhaltene Informationen und den Kündigungsgrund genaustens zu dokumentieren.

Benno von Braunbehrens

Benno von Braunbehrens

Rechtsanwalt Benno von Braunbehrens befasst sich seit Jahren mit Themen rund um das GmbH- und Gesellschaftsrecht.

Nach seinem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität mit Schwerpunkt Kapitalgesellschaftsrecht absolvierte er sein Referendariat an dem Oberlandesgericht München. Seine Ausbildung führte ihn u.a. zu einem Venture Capital Fond in Kopenhagen, wie einer großen Wirtschaftskanzlei in New York.
Benno von Braunbehrens