Haftung des Geschäftsführers in der GmbH Insolvenz

Die Märkte sind im Umbruch. Die voranschreitende Digitalisierung aber auch die Rahmenbedingungen der Globalisierung bringen zwar erhebliche Chancen und Absatzmöglichkeiten mit sich, sie stellen allerdings auch altbewährte Geschäftsmodelle quasi über Nacht in Frage.

Gemäß dem Sinnspruch „hope for the best but prepare for the worst” soll dieser Artikel Ihnen das Rüstzeug an die Hand geben, um Sie für den Fall der Fälle zu rüsten. Denn eine Sache ist klar – als Geschäftsführer haben Sie das Ruder in der Hand und man erwartet von Ihnen, auch in der Hektik des Krisenfalles, eine rechtskonforme Führung der Geschäfte. Worauf Sie achten müssen und welche Haftungsrisiken bestehen, soll Ihnen dieser Artikel nahelegen.

Wann ist eine GmbH insolvent?

Das ist die Frage aller Fragen – denn hieran knüpfen sich diverse Pflichten und Haftungspotenziale. Rechtsvergleichend interessant ist der Ansatz der deutschen Gesetzgebung. Während in den USA sich ein Unternehmen quasi zu jeder Zeit unter dem Schutzmantel einer eigenverwalteten Insolvenz (debtor in possession) sanieren kann, sind in Deutschland für die Verfahrenseröffnung nach § 16 InsO zwingende Insolvenzgründe vorgegeben. Die Amerikaner belohnen den Antrag durch Anreize, erzwingen ihn aber nicht, während in Deutschland der Antrag zwingend vorausgesetzt ist.

Hierdurch soll nach der Intention des deutschen Gesetzgebers einerseits der Schuldner selbst geschützt werden, welcher nach dem Insolvenzantrag viele seiner Rechte verliert. Andererseits sollen auch die Gläubiger geschützt werden, welche in der Insolvenz nicht mehr unbegrenzt Forderungen durchsetzen können und Sicherheiten verwerten können.

Trias der Insolvenzgründe: Drohende- und endgültige Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung

Die Insolvenzgründe nach deutschem Recht

Das deutsche Recht kennt drei Insolvenzgründe, welche teilweise auch nebeneinander vorliegen können und verschiedene Folgen auslösen. Diese werden zunächst allgemein dargestellt, um dann etwas vertiefter bei den einzelnen Gründen einzusteigen.

  • § 17 InsO: Zahlungsunfähigkeit – Befriedigung des Gläubigers zum geschuldeten Termin nicht möglich
  • § 18 InsO: Drohende Zahlungsunfähigkeit – § 17 zeichnet sich ab
  • § 19 InsO: Überschuldung – die Verbindlichkeiten übersteigen das Vermögen

Bei der Frage, ob eine GmbH insolvenzreif ist, muss man sich stets vor Augen halten, dass dadurch schwerwiegende Grundrechtseingriffe ausgelöst werden. Vor diesem Hintergrund ist die Bewertung der aktuellen Lage stets zu sehen – es muss ein angemessenes Verhältnis des Grundes zur daraus resultierenden Folge bestehen. Es werden deshalb teilweise Ausnahmen für eine sogenannte Zahlungsstockung als kurzfristiger Liquiditätsengpass zugelassen und hindert eine positive Fortführungsprognose das Vorliegen einer Überschuldung.

Die Zahlungsunfähigkeit ist ein allgemeiner Eröffnungsgrund, welcher bei natürlichen und juristischen Personen gleichermaßen zur Anwendung kommt. Die Überschuldung kommt nur bei einer Haftungsbeschränkung und damit dem Bilden eines beschränkten Sondervermögens in Betracht. Dies ist bei der GmbH durch die Haftungsbeschränkung der Fall, so dass alle Insolvenzgründe greifen .

Wann liegt eine Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO vor?

An dieser Stelle gleich eine Warnung vorne weg – dieser Artikel soll und kann nur eine Schärfung des Problembewusstseins schaffen. Die Feststellung der Insolvenzgründe ist in der Praxis selbst für dezidierte Experten eine schwierige Angelegenheit und es sind unzählige Entscheidungen zu dieser Frage ergangen.

Praxistipp: Besprechen Sie Ihre finanzielle Situation frühzeitig mit dem Steuerberater oder einem spezialisierten Anwalt. Dies verringert nicht nur Haftungsrisiken. Der Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit dient auch als Stichpunkt für Insolvenzanfechtungen durch den Insolvenzverwalter, durch welche dieser Abflüsse aus der Gesellschaft unter bestimmten Umständen Rückabwickeln kann.

Eine Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn nicht alle Zahlungspflichten zum Fälligkeitszeitpunkt erfüllt werden können. Vermutet wird das Ganze gem. § 17 II 1 InsO, wenn Zahlungen eingestellt werden. Es kommt dabei auf den objektiven Zustand und nicht auf die Einschätzung durch den Schuldner an. Das klingt auf den ersten Blick nach einer klaren und einfachen Regelung. Der Teufel steckt jedoch wie immer im Detail.

Zunächst ist festzuhalten, dass es auf Zahlungspflichten ankommt und dementsprechend nur Geldschulden von Belang sind. Lieferpflichten usw. werden nur dann insolvenzrechtlich von Belang, wenn Sie sich beispielsweise in Form eines Schadensersatzes in eine Geldschuld wandeln. Hinsichtlich der Fälligkeit ist darauf zu achten, dass diese grundsätzlich nach § 271, 286 BGB bestimmt wird und es nicht mehr eines „ernsthaften Einforderns“ seitens der Gläubiger bedarf. Nur Gläubiger dürfen außen vor bleiben, die einer nachrangigen Befriedigung ausdrücklich zugestimmt haben.

Achtung: Dies ist nicht der Fall bei der sogenannten technischen Stundung des Finanzamtes, bei welcher nur keine automatischen Mahnungen an den Schuldner ausgehen. Hier ist weiterhin von Fälligkeit auszugehen.

Sowohl dem Gesetzgeber als auch der Rechtsprechung ist bewusst, dass das deutsche Insolvenzrecht durch den, im internationalen Vergleich weit nach hinten geschobenen Insolvenzantrag kein sehr erfolgreiches Mittel ist, um kriselnde Unternehmen wieder auf die richtige Spur zu bringen. Dementsprechend sind verschiedene Mechanismen geschaffen worden, um einige hoffnungsvolle Fälle aus der Antragspflicht hinauszunehmen.
Der Hauptanwendungsfall sind sogenannte Geringfügigkeitsausnahmen, wobei diese sowohl in quantitativer Hinsicht gegeben sein können als auch in qualitativer- und zeitlicher Hinsicht . All diese Ausnahmen bedürfen einer Prognoseentscheidung, welche in der Praxis gut dokumentiert werden sollte.

In zeitlicher Hinsicht liegt lediglich eine Zahlungsstockung vor, wenn die Zahlungsunfähigkeit innerhalb eines Zeitrahmens von maximal drei Wochen beseitigt werden kann. Auch wenn die drei Wochen nicht eingehalten werden können liegt bei einer Liquiditätslücke von unter 10% nur dann eine Zahlungsunfähigkeit vor, wenn damit zu rechnen ist, dass diese absehbar die 10% Schwelle übersteigen wird. Umgekehrt wird vermutet, dass bei einer Lücke von über 10% Zahlungsunfähigkeit vorliegt, wenn nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die gesamte Lücke absehbar und zumutbar geschlossen werden kann.

Zahlungseinstellung: Vermutung für die Insolvenz

Für den Geschäftsführer und dessen Berater ist die Vermutungsregeln nur insofern interessant, als es zu vermeiden gilt, die Vermutung nach außen zu setzen. Einer Vermutung bedarf es im internen Verhältnis nicht, da hier durch einen Blick in die Unterlagen die tatsächliche Lage herausgearbeitet werden kann. Die Vermutungsregelung ist vielmehr vor dem Hintergrund zu sehen, dass Insolvenzanträge auch durch Drittgläubiger gestellt werden können, welche in der Regel keinen Einblick in die Geschäftsbücher nehmen können. Diese sind deshalb auf diesen Indikator angewiesen.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass bei jeder nicht bezahlten Rechnung sofort der Insolvenzantrag gestellt werden kann. Dies würde vermutlich sofort zu einer Insolvenz von weit über 50% aller deutschen Unternehmen führen. Allerdings reicht es aus, wenn der Schuldner auch eine einzige Forderung nicht bedient, wenn diese in qualitativer Weise wesentlich ist. Dieser Vorgang ist auch ein Indikator für spätere Insolvenzanfechtungen, wenn hierdurch nachgewiesen werden kann, dass der Gläubiger durch die Zahlungseinstellung von der Insolvenzreife wusste.

Praxistipp: Manchmal anzutreffende Massenrundschreiben, in welchen Gläubiger um Geduld und Stundungen gebeten werden, können sich als Eigentor erweisen. Hierdurch wird die Vermutungsregel ausgelöst und jeder einzelne der angeschrieben kann den Insolvenzantrag stellen.

Praxistipp: Meistens stellen Fremdanträge Krankenkassen und Finanzämter, da die von Zahlungsschwierigkeiten meistens als erste Kenntnis erlangen. Abgesehen von später zu diskutierenden Haftungsrisiken sollte allein deshalb an dieser Stelle schon eine hohe Zahlungsmoral an den Tag gelegt werden .

Die drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO

Dieser Tatbestand liegt vor, wenn er „voraussichtlich nicht in der Lage sein wird die fälligen Forderungen im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Durch Schaffung dieses Paragrafen versucht der Gesetzgeber vorsichtig das deutsche Insolvenzrecht sanierungsfreundlicher zu machen. Er hat erkannt, dass der Zeitpunkt der Insolvenzantragsstellung, selbst wenn er entgegen wissenschaftlicher Untersuchungen rechtzeitig gestellt wird, für eine erfolgsversprechende Sanierung meist zu spät liegt, da zu diesem Zeitpunkt meist schon zu viel Kapital abgeflossen ist.

Die Prognoseentscheidung soll es dem Schuldner ermöglichen bereits früher einen Insolvenzantrag zu stellen, um das Unternehmen dann beispielsweise im Rahmen des neugeschaffenen Schutzschirmverfahrens zu sanieren. Dementsprechend ist klar, dass sich Insolvenzanträge von Dritten nicht auf diesen Insolvenzgrund stützen können.

Viele Fragen sind hier noch nicht entschieden, da sich nach wie vor Unternehmen nicht gerne freiwillig in die Insolvenz stürzen und wenn sie es doch tun, dies meistens nicht zu Streit hinsichtlich der drohenden Zahlungsunfähigkeit führt. Klar ist allerdings, dass nicht langfristige Verbindlichkeiten, deren Fälligkeit weit in der Zukunft liegt, herangezogen werden können. Als grobe Maßgabe ist von einem Zeitraum von einem Jahr auszugehen. Innerhalb dieses Zeitraums ist die drohende Zahlungsunfähigkeit mit Hilfe einer unternehmensinternen Liquiditätsplanung zu ermitteln, wobei die Wahrscheinlichkeit des Eintritts bei über 50% liegen muss.

Praxistipp: Da die Nachteile des Insolvenzantrags auch nach dem ESUG noch gravierend sein können, sollte man es sich genau überlegen, ob man den Zeitpunkt der Antragstellung noch weiter nach vorne zieht. Da aber Maßnahmen im Vorfeld einer Insolvenz immer die Gefahr tragen eine Haftung oder Anfechtung auszulösen gibt es auch durchaus sinnvollen Szenarien für das Heranziehen der drohenden Zahlungsunfähigkeit.

Wann liegt eine Überschuldung einer GmbH vor?

Auf einer Zeitachse ist die Überschuldung der Zahlungsunfähigkeit vorgelagert. § 19 InsO setzt hierfür zweierlei voraus:

  • Die Verbindlichkeiten der Gesellschaft liegen über deren Vermögen.
  • Die Fortführung ist nach den Umständen nicht überwiegend wahrscheinlich.

Es werden also die Aktiva mit den Passiva verglichen, wobei bei der Bewertung eine Fortführungsprognose anzustellen ist. In der Praxis setzt die anwaltliche Beratung meistens zu spät an, weil erst auf äußeren Druck eine Reaktion erfolgt. Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Überschuldung ergeben sich meist aus der Frage, was alles in die Passiva und Aktiva einzustellen ist und wie diese Gegenstände zu bewerten sind.

Eine Handelsbilanz dient als Indikator – mehr jedoch nicht. Es ist eine spezielle Überschuldungsbilanz zu erstellen, welche auch auf eine Fortführungsprognose und die Aufdeckung stiller Reserven einzugehen hat. Heranzuziehen ist dabei in aller Regel der Liquidationswert der Einzelgegenstände. Nur wenn ausnahmsweise Anhaltspunkte vorliegen, dass eine Gesamtheit der Gegenstände übertragen werden kann, so ist dieser Wert heranzuziehen.

Praxistipp: Wie bereits auf diesem Blog ausgeführt resultiert aus einem steuerlichen Dauermandant keine Pflicht des Steuerberaters auf eine Insolvenz hinzuweisen oder eine Überschuldungsbilanz in Eigenregie zu erstellen. Hierauf muss der Geschäftsführer der Gesellschaft explizit hinwirken.

Hinsichtlich der Prognosekomponente ist zu beachten, dass die angesetzten Überlegungen immer einer subjektiven Färbung unterliegen und naturgemäß nicht mit absoluter Wahrscheinlichkeit getroffen werden können. Es ist daher unbedingt auf eine saubere Dokumentation der Gedankenschritte zu achten, um sich im Nachhinein nicht angreifbar zu machen. Als grober Zeitrahmen ist von einem Prognosezeitraum von 12 Monaten auszugehen, obwohl teilweise auch vertreten wird, diesen Zeitraum auf zwei Jahre auszudehnen. Wie viel Relevanz eine Prognose einer Entwicklung in zwei Jahren hat sei hierbei dahingestellt.

Es muss eine Aussage darüber getroffen werden, ob das gesamte Unternehmen in dem absehbaren Zeitraum die Zahlungsfähigkeit wieder erreicht. Es kommt nicht darauf an, dass es auf Dauer tragfähig ist, weil letztendlich die Gläubigerbefriedigung im Mittelpunkt steht. Erstellt werden müssen dabei zwei Szenarien mit unterschiedlichen Graden der Wahrscheinlichkeit. Zudem müssen die Geschäftsführer auch nachweisbar fortführungswillig gewesen sein. Auch dies sollte dokumentiert werden.

Nachträgliche Beseitigung von Insolvenzgründen

Natürlich können die Insolvenzgründe nach Möglichkeit wieder aus der Welt geschaffen werden. Hier bieten sich unendliche Gestaltungsvarianten die in der Praxis meist mangels Kreditwürdigkeit nicht in Betracht kommen.

Es bieten sich nach den Insolvenzgründen denklogisch zwei Ansatzpunkte an. Man kann entweder am Schuldenstand ansetzen und beispielsweise Stundungen oder Verzichte vereinbaren. Oder man setzt an der Aktiva Seite an und nimmt Kredite auf oder überredet die Gesellschafter zu einer Finanzspritze. Bei all den Maßnahmen darf man allerdings nicht die rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrags vergessen.

Die Haftung des Geschäftsführers in der Insolvenz

Gerät die GmbH in eine Schieflage ist das für den Geschäftsführer eine aufreibende Zeit. Es gilt schnellgetaktete Entscheidungen zu treffen und teils konträre Interessen in einen Ausgleich zu bringen. Geld- und Warenkreditgeber müssen beschwichtigt werden, um den Cash-burn nicht weiter anzufachen. Arbeitnehmer, die berechtigte Sorgen und Ängste haben, müssen motiviert und beruhigt werde. Zu allem Überfluss birgt das Insolvenzvorfeld, wie auch die Insolvenz selbst diverse Haftungsfallen, die es zu umschiffen gilt.

Zu beachten ist insbesondere, dass sich der Geschäftsführer nicht nur mit seinem Privatvermögen exponiert, es drohen im schlimmsten Fall auch verschiedenste strafrechtliche Sanktionen. Deswegen hier zum wiederholten Male der Ratschlag:
Dokumentieren Sie alle wichtigen Schritte. Insbesondere die Erwägungen zu den Insolvenzgründen und Prognoseentscheidungen. Nur so rüsten Sie sich für potenzielle Haftungsprozesse.

Strafe bei Insolvenzverschleppung

Das Vertretungsorgan – also die Geschäftsführung der GmbH – hat nach § 15a InsO die Pflicht, bei Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. Hier muss man gleich mit einem weit verbreiteten Irrtum aufräumen:

Man hat für den Insolvenzantrag NICHT automatisch drei Wochen Zeit.

Stellt man einen der Insolvenzgründe fest, so ist man grundsätzlich erstmal verpflichtet den Insolvenzantrag ohne schuldhaftes Zögern zu stellen. Die drei Wochen stellen lediglich eine Maximalfrist dar, welche nur dann ausgeschöpft werden darf, wenn konkrete Sanierungsmaßnahmen im Raum stehen und deren Erfolg gegebenenfalls noch abgewartet werden soll. Hier gilt wieder das Gebot genauer Dokumentation, da bei einer Missbeachtung der Antragspflicht ein Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe im Raum steht. Die Insolvenz wird dann in einer Bekanntmachung öffentlich gemacht.

Befindet sich die Gesellschaft im Stadium einer Führungslosigkeit, so gibt es dennoch eine Insolvenzantragspflicht. Diese geht dann auf die Gesellschafter über. Die Pflicht trifft dann jeden einzelnen Gesellschafter perönlich.

Was ist in der Insolvenz sonst strafbar?

Straftatbestände im Bereich der Insolvenz finden sich sowohl in dem Strafgesetzbuch, der Insolvenzordnung aber auch im GmbH Gesetz. Hier eine Auflistung der wichtigsten Straftatbestände:

  • Betrug § 263 StGB und Kreditbetrug nach § 265b StGB
  • Untreue gem. § 266 StGB
  • Vorenthalten von Arbeitnehmer-Sozialversicherungsbeiträgen § 266a I StGB
  • Nichtanzeige bei Verlust i.H.v. der Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft gem. § 49 III, 84 I GmbHG
  • Bankrott nach § 283 StGB
  • Verletzung von Buchführungspflichten nach § 283 StGB
  • Gläubigerbegünstigung § 283c StGB

Ich kann nur jedem Geschäftsführer aber auch Gesellschafter die Empfehlung aussprechen sich bei einer anbahnenden Krise, diese Straftatbestände zumindest einmal durchzulesen. Nur das schafft überhaupt ein Problembewusstsein. Zu den jeweiligen Einzelfragen kann dann ein Experte hinzugezogen werden.

Weiterhin trifft man in der Praxis häufiger auf Geschäftsführer, die der Versuchung erliegen zwar die Löhne auszuzahlen, jedoch nicht die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Dies erscheint zwar verlockend, weil der Arbeitnehmer motiviert bleibt aber wie durch Zauberhand nur die Hälfte kostet. Dieses Verhalten stellt allerdings einen Straftatbestand dar und wird von dem jeweiligen Sozialversicherungsträger direkt an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Zusätzlich kann der Geschäftsführer auch persönlich in die Haftung genommen werden, da § 266a StGB ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 II BGB darstellt.

Haftung des Geschäftsführers für Steuerschulden

Auch nach § 69, 34 AO kann sich für den Geschäftsführer eine persönliche Haftung ergeben, wenn steuerrechtliche Verpflichtungen vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht erfüllt werden. Hier ist zu beachten, dass sich der Geschäftsführer nicht mit dem Argument exkulpieren kann, dass er die notwendigen steuerrechtlichen Kenntnisse nicht hatte.

Die Haftung entfällt nur, wenn entsprechender Expertenrat in Anspruch genommen wurde und darüber hinaus der Geschäftsführer sich selbst ausreichend über die Steuerverpflichtungen informiert hat.

Haftung nach § 64 GmbHG für Zahlungen nach dem Vorliegen eines Insolvenzgrundes

Dieser Haftungstatbestand birgt große Gefahren für den Geschäftsführer. Er haftet hiernach persönlich für diejenigen Auszahlungen, die er nach dem Vorliegen eines Insolvenzgrundes tätigt. Eine Ausnahme wird allerdings gewährt – so werden solche Auszahlungen nicht erfasst, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind.

Die exakte Taxierung des Insolvenzzeitpunktes ist in der Praxis sehr schwer. Gerade der Dunstkreis Zahlungsstockung und Zahlungsunfähigkeit führt regelmäßig zu Streit. Noch dazu kommt, dass auch die Frage, ob die Zahlung nun der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes entspricht, aufgrund der Unbestimmtheit des Rechtsbegriffes, zu vielen Streitigkeiten führen kann.

Anspruchsinhaber ist die Gesellschaft. In der Insolvenz wird der Anspruch dann durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht und kommt der Insolvenzmasse zu Gute. Dementsprechend genau prüfen Insolvenzverwalter auch die Zahlungsströme im direkten Vorfeld der Insolvenz. Dasselbe gilt übrigens auch für Auszahlungen an Gesellschafter, welche zu einer Zahlungsunfähigkeit führen mussten, soweit dies erkennbar war.

Haftung des Geschäftsführers nach § 43 II GmbHG

§ 43 GmbHG stellt die Grundnorm für Innenhaftungsansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer dar. In Zusammenschau mit Absatz 1 heisst es, dass der Geschäftsführer bei seiner Geschäftsführung „die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ anzuwenden hat. Dieser weite Rechtsbegriff wurde durch unzählige Rechtsprechungen präzisiert und ausgestaltet, so dass eine genaue Darstellung den Rahmen deutlich sprengen würde.

Festzuhalten bleibt auch nach der Rechtsprechung, dass dem Geschäftsführer nicht die Hände gebunden werden sollen. Nur weil sich durch ein Geschäft ein Verlust realisiert, heisst dies nicht, dass daraus zwingend ein Schadensersatz resultiert. Dies gehört vielmehr zum täglichen Wirtschaftsleben.

Nur exemplarisch einige Beispiele in denen eine Haftung bejaht wurde:

  • Zulassen von Entnahmen durch Gesellschafter, ohne dass dies durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss gedeckt war
  • Erfüllung von nicht fälligen Forderungen im Angesicht nicht ausreichender Liquidität
  • Eingehen von Geschäften zu nicht kostendeckenden Preisen

Zu beachten ist zudem, dass unter Umständen in der Krise auch eine Pflicht besteht, dass der Geschäftsführer sein eigenes Gehalt entsprechend § 87 II AktG reduziert. Tut er dies nicht haftet er wiederum nach § 43 II GmbHG für die Differenz zwischen krisenangemessenen und tatsächlichen Gehalt.

Fazit: Schützen Sie sich vor Haftungsrisiken

Zeiten der Unternehmenskrise sind nervenaufreibend und hektisch. Man sollte bei all den wichtigen Entscheidungen nicht persönliche Haftungsrisiken vernachlässigen. Es gilt wichtige Entscheidungen und Gedankengänge zu dokumentieren und sich zu wichtigen Fragen und insbesondere für die Anfertigung der Überschuldungsbilanz Expertenhilfe zu holen.

In Kooperation mit Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern berät die Kanzlei Köster zu haftungsrechtlichen- und strukturellen Fragestellungen in der Krise. Vereinbaren Sie gerne einen Termin in den Münchener Kanzleiräumen oder einen Telefontermin.