Können GmbH-Anteile auch eingezogen werden?

Einziehung (Amortisation)

Neben der Kaduzierung (dazu hier mehr) gibt es die Möglichkeit der Einziehung von Geschäftsanteilen (auch Amortisation genannt). An der dafür getroffenen gesetzlichen Regelung des § 34 GmbHG hat sich auch durch das MoMiG nichts geändert. Das Gesetz unterscheidet zwischen der Einziehung mit und gegen den Willen (Abs. 2) des Betroffenen.

Verfahren der Einziehung

Die Voraussetzungen einer wirksamen Einziehung sind:

  1. Einer Regelung im Gesellschaftsvertrag (§ 34 Abs. 1 GmbHG)
  2. Entsprechender Beschluss der Gesellschafter (zu den Voraussetzungen hier)
  3. Entschädigung gegenüber dem betroffenem Gesellschafter

Es gilt aber noch weitere wesentliche Punkte zu berücksichtigen. Von der einmal entstanden Einlagepflicht kann ein Gesellschafter nicht befreit werden, § 19 Abs. 1 Satz 1 GmbH. Ist der Gesellschafter seiner Einlagepflicht also nicht oder nur teilweise nachgekommen würde eine Einziehung und damit eine Beseitigung des Geschäftsanteils einer Befreiung gleichkommen und damit dieser Vorschrift zuwiderlaufen (in Betracht kommt dann jedoch eine Kaduzierung s.o.). Daher ist eine Einziehung nur möglich, wenn der Gesellschafter seiner Einlagepflicht entsprechend nachgekommen ist.

Gesellschaftsvertragliche Regelung (Zulassung)

In jedem Fall bedarf die Einziehung einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag. Insbesondere die Gründe einer zwangsweisen Einziehung müssen bereits im Vorhinein im Gesellschaftsvertrag dargelegt sein. Konkrete wichtige Gründe können zum Beispiel sein:

  • Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters
  • Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot
  • Zerstörung oder schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses, so dass eine Fortsetzung mit dem Gesellschafter nicht zumutbar ist
  • Unzulässige Privatentnahmen durch den Gesellschafter
  • Kriminelle Handlungen gegenüber der Gesellschaft

Beschluss über die Maßnahme

Die Kompetenz des Gesellschafterbeschlusses liegt – sofern nichts anderes im Gesellschaftsvertrag geregelt wurde – bei der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 4 GmbHG). In Ermangelung einer abweichenden Regelung genügt dafür eine einfache Mehrheit. Häufig werden jedoch höhere Mehrheiten festgelegt sein, was der Bedeutsamkeit einer v.A. zwangsweisen Einziehung Rechnung trägt.

Abfindungsanspruch/Entschädigung

Das GmbH-Gesetz enthält zwar keine ausdrückliche Regelung einer Entschädigung im Falle der Einziehung, allerdings ist heute anerkannt, dass der in § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB postulierte Grundsatz einer Abfindung auch für das Recht der GmbH maßgeblich ist.

Um Streitigkeiten bezüglich der Abfindungshöhe bzw. der Abfindungsberechnung vorzubeugen und um es nicht auf eine nachträgliche objektive Vertragsauslegung durch ein Gericht ankommen zu lassen, empfiehlt es sich konkrete Berechnungsregeln bereits in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.

Zu Bedenken ist auch das unter dem Gesichtspunkt der Kapitalerhaltung eine Entschädigungszahlung an den Gesellschafter nicht das Stammkapital angreifen darf, § 30 GmbHG. Stellt sich also etwa erst im Zeitpunkt der Entschädigungszahlung heraus, dass die Gesellschaft gar nicht über die notwendigen Mittel verfügt folgt die Frage der Wirksamkeit der Einziehung. Der BGH (BGHZ 19.6.2000 – II ZR 73/99) hat schon früh festgelegt, das in einem solchen Fall in dem erkennbar nicht aus dem laufenden Vermögen der Gesellschaft gleistet werden kann, der Beschluss zur Einziehung wegen Verstoßes gegen § 30 GmbHG nichtig ist.

Durch Aufnahme einer konkreten Berechenbarkeit der Entschädigungszahlung bereits im Gesellschaftsvertrag kann diesem Problem begegnet werden. Denkbar wäre etwa die Vereinbarung einer Entschädigung in Raten welche dann aus dem laufenden Vermögen bezahlbar sein werden. Fällt die Prognose der Bezahlbarkeit positiv aus ist der Einziehungsbeschluss auch wirksam. Für den Fall dass auch dann im Nachhinein eine Untauglichkeit herausstellt hat der BGH entschieden, dass der Beschluss selbst wirksam bleibt und die Gesellschaft die Zahlung berechtigt verweigern kann (BGHZ 24.1.2012 – II ZR 109/11). Kann und wird allerdings nicht aus dem Vermögen der Gesellschaft geleistet dann müssen die übrigen Gesellschafter dafür Sorge tragen, dass der ausgeschiedene Gesellschafter seine Entschädigung erhält. Interessanterweise ging der BGH sogar soweit, dass die Gesellschaft aufzulösen sei.

Folgen und Zeitpunkt

Anders als die Kaduzierung (s.o.) eines Geschäftsanteils führt die Einziehung nicht nur zum Ausschluss des Gesellschafters und zum Verlust seiner Rechte und Pflichten, sondern zur vollständigen Beseitigung des betreffenden Geschäftsanteils.

Konflikt zu § 5 GmbHG?

Die Wirksamkeit einer Einziehung tritt nicht schon in Zeitpunkt der Beschlussfassung ein, sondern erst wenn die Entschädigung vollständig geleistet wurde. Gerade im Falle einer Ratenzahlung kann dies daher einige Zeit in Anspruch nehmen in denen der betroffenen Gesellschaft jedoch im Besitz seiner Gesellschafterrechte verbleibt. Nach Beschluss vom BGH (BGH 8.12.2008 – II ZR 263/07) ist jedoch zulässig im Gesellschaftsvertrag zu regeln, dass ein Verlust der Gesellschafterstellung bzw. der damit verbundenen Rechte mit sofortiger Wirkung eintreten soll.

Fazit

In jedem Fall sollte die Maßnahme der Einziehung gut durchdacht angelegt sein. Mit Blick auf die Rechtsprechung des BGH sind vor Allem die Aspekte der Deckungsfähigkeit der Entschädigung sowie eine frühe Wirksamkeit zu berücksichtigen und diesbezüglich Handlungs- und Rechtsfolgemöglichkeiten vorzusehen.

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