Kein Gesellschafterstimmrecht des Kommanditisten nach der Kündigung

Kein Mitwirkungsrecht des kündigenden Gesellschafters: OLG Hamm schärft die Regeln für Fortführungsbeschlüsse in der GmbH & Co. KG (8 U 75/24)

Das OLG Hamm hat klargestellt: Ein freiwillig ausscheidender Kommanditist hat weder Stimm- noch Teilnahmerecht in der Gesellschafterversammlung, wenn die übrigen Gesellschafter über die Fortführung oder Nichtfortführung der GmbH & Co. KG entscheiden. Folge für die Praxis: Fortführungsentscheidungen dürfen – und sollten – schnell und ohne Beteiligung des Kündigenden getroffen werden, um Rechtssicherheit herzustellen. .

Warum das für die Praxis wichtig ist

  • Frühzeitige Rechtssicherheit: Die Fortsetzung oder Nichtfortsetzung einer GmbH & Co. KG ist eine existenzielle Weichenstellung. Das OLG Hamm betont, dass die Regelung „Entscheidung durch die übrigen Gesellschafter“ den Zweck hat, unverzüglich Klarheit über die Zukunft der Gesellschaft zu schaffen – ohne Einbindung des kündigenden Gesellschafters. Damit wird Blockade- und Verzögerungspotenzial gezielt reduziert.
  • Keine Teilnahme- oder Stimmrechte für den Kündigenden: Selbst ein (vermeintliches) Teilnahmerecht zur „Argumentation“ besteht nicht. Wer wirksam kündigt und nach der Logik des Gesellschaftsvertrags „sofort ausscheidet“, hat an der späteren Fortführungsentscheidung keinen Platz mehr am Tisch.
  • Beschlussmängelklagen und MoPeG-Übergang: Für Beschlüsse vor dem 01.01.2024 bleibt es bei der Feststellungsklage gegen Mitgesellschafter; ab dem 01.01.2024 gilt das neue Beschlussmängelrecht mit Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen die Gesellschaft innerhalb von drei Monaten. Unternehmen sollten Beschlussprotokolle sauber dokumentieren und Fristen kontrollieren.
  • Rolle der Komplementär-GmbH: Die Entscheidung über die Nichtfortführung der KG entzieht der Komplementär-GmbH regelmäßig nicht ihren Geschäftszweck; dieser hängt naturgemäß vom Betrieb der KG ab und ist kein Selbstzweck. Damit bleibt die Stimmabgabe der Komplementärin zulässig; interne Zustimmungsbeschränkungen der GmbH entfalten keine Außenwirkung.

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Neue Klarheit vom BGH: Keine analoge Anwendung von §179a AktG auf die Publikums-KG

Unterschied zwischen KG und AG Mit seinem Urteil vom 8. Juli 2025 (Az. II ZR 137/23) hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine bedeutsame Frage des Gesellschaftsrechts entschieden: Ob § 179a Aktiengesetz (AktG) – der bei der Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens einer AG eine qualifizierte Hauptversammlungsmehrheit vorsieht – analog auch bei einer Publikumsgesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (Publikums-KG) anzuwenden ist. … Weiterlesen

Warum Projekt-GmbH’s im Bauträgergeschäft so beliebt sind

Projektgesellschaften in Form der GmbH sind aus dem Bauträgergeschäft nicht wegzudenken. Sie begrenzen Risiken, erleichtern die Finanzierung – und sind ein Baustein professioneller Governance. Im Interview mit der Abendzeitung München (AZ) spreche ich daher von einer „Brandmauer des Investors“. Die GmbH bietet Projektträgern die Möglichkeiten, Risiken aus verschiedenen Projekten voneinander abzugrenzen, was im Tagesgeschäft von … Weiterlesen

BGH stärkt Gläubigerschutz: Haftung des ausgeschiedenen GmbH-Geschäftsführers für spätere Schäden

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 8. Juli 2025 (Az. II ZR 165/23) eine weitreichende Entscheidung zur Haftung ausgeschiedener Geschäftsführer getroffen.
Kern der Entscheidung:

Ein Geschäftsführer bleibt auch nach seinem Ausscheiden für Schäden verantwortlich, wenn diese auf Pflichtverletzungen während seiner Amtszeit zurückzuführen sind.

Diese Rechtsprechung verschärft die Haftungsrisiken für GmbH-Geschäftsführer erheblich – insbesondere in Fällen von Insolvenzverschleppung oder betrügerischen Schneeballsystemen.

Hintergrund des Falls: Schneeballsystem mit Spätfolgen

Ein ehemaliger Geschäftsführer einer Unternehmensgruppe, die sich auf den Vertrieb und die Verwaltung von Containern spezialisierte, hatte über Jahre ein Schneeballsystem mitbetrieben, das unweigerlich in die Insolvenz führte. Nach seiner Abberufung investierten neue Anleger weiterhin Kapital – Geld, das später beim Zusammenbruch verloren ging.

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OLG Braunschweig zur Gesellschafterliste und Notgeschäftsführer: Treu und Glauben schlägt formelle Legitimationswirkung

Wenn in einer Zwei-Personen-GmbH der Ton rauer wird, greifen Gesellschafter nicht selten zu harten Mitteln: Einziehungsbeschlüsse, Ausschluss, der Versuch, die Gesellschafterliste zügig zu ändern – der Gesellschafterstreit ist ausgebrochen. In genau einem solchen Konfliktszenario hat das OLG Braunschweig am 7. August 2025 mit Beschluss 3 W 6/24 Leitplanken gesetzt – und zugleich die Schwelle für die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB klar markiert.

I. Sachverhalt

Zwei Gesellschafter, eine GmbH – klassische Patt-Situation. Die Gesellschaft war eigentlich schon auf dem Rückzug, da kaum noch operative Tätigkeiten stattfanden, etwas Restvermögen und Immobilien verblieben. Es kam jedoch zum Streit über die Auseinandersetzung der GmbH.

Die Besonderheit:
Eine Gesellschafterin hatte 50 %, der andere Gesellschafter war zugleich Geschäftsführer. In einem früheren Verfahren hatten sich beide per Prozessvergleich verpflichtet, keine neue Gesellschafterliste einzureichen, die die Antragstellerin streicht – bis eine endgültige gerichtliche Entscheidung fällt.

Doch genau das passierte: Der Geschäftsführer reichte trotzdem eine neue Liste beim Registergericht ein – entgegen der Vereinbarung. Das Register nahm sie auf. Als die Gesellschafterin einen Antrag auf Bestellung eines Notgeschäftsführers stellte, wurde dieser abgelehnt, da sie nicht mehr in der Liste als Gesellschafterin geführt wurde.

II. Entscheidung des OLG Braunschweig

Das OLG Braunschweig entschied, dass die Gesellschaft sich gemäß Treu und Glauben (§242 BGB) nicht auf die formelle Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG berufen kann, wenn die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste per einstweiliger Verfügung oder im Prozessvergleich untersagt wurde und dennoch erfolgte.

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