Unter einem sog. Mantelkauf versteht man den Erwerb einer bereits existierenden GmbH, ohne das dazu gehörige Unternehmen. Regelmäßig ist der Geschäftsbetrieb dieses Mantels bereits eingestellt und dem Erwerber der GmbH geht es auch nicht darum, ein bestehendes Unternehmen fortzuführen, sondern möglichst günstig die Möglichkeit bekommen, die persönliche Haftung für sein eigenes Unternehmen durch Verwendung der bereits existierenden GmbH einzuschränken.
Dieser Artikel gibt einen Überblick über den Mantelkauf und zeigt auf, wo hier Haftungsrisiken bestehen:
Mantelkauf und wirtschaftliche Neugründung
Schon seit dem Jahre 2003 wird in der Rechtsprechung die Figur der „wirtschaftlichen Neugründung“ angewendet. Dies führt dazu, dass für eine Mantelgründung nicht nur die materielle Kapitalausstattung wie bei einer Gründung einzuhalten ist, sondern darüber hinaus auch die Einhaltung bestimmter registerrechtlicher Erfordernisse zu beachten. Von einem Mantelkauf ist immer dann auszugehen, wenn eine Unternehmenslosigkeit, also ein leerer Mantel, vorliegt, was der Fall ist, wenn das vorherige Unternehmen eingestellt ist.
Die praktische Durchführung sollte folgende Schritte beinhalten (vgl. Roth, GmbHG, § 3 Rn. 14b, 6. Auflage, 2009):
- Ermittlung des Vermögensstatus durch eine Zwischenbilanz
- Auffüllen von Defiziten durch Vermögenszuführung
- Offenlegung der Mantelgründung
- Versicherung, dass das Stammkapital eingezahlt ist und der Gesellschaft zur freien Verfügung steht.
Letztere beiden Voraussetzungen können durch eine Versicherung mit beispielsweise folgendem Wortlaut vorgenommen werden:
„Das Stammkapital der Gesellschaft wurde bei der Gründung in voller Höhe in bar und ohne verdeckte Sacheinlage erbracht. Das heute noch vorhandene Vermögen der Gesellschaft entspricht wertmäßig der Stammkapitalziffer, was hiermit versichert wird. Hierzu wird auf die beiliegende Zwischenbilanz verwiesen.“
alternativ:
„Das Stammkapital der Gesellschaft wurde bei der Gründung in voller Höhe in bar und ohne verdeckte Sacheinlage erbracht. Das heute noch vorhandene Vermögen der Gesellschaft hat einen Verkehrswert von EUR …, was hiermit versichert wird. Hierzu wird auf die beiliegende Zwischenbilanz verwiesen. Der Differenzbetrag von EUR … wurde in bar eingezahlt und befindet sich in der freien Verfügung der Geschäftsführung.“
Die Voraussetzungen der Mantelverwendung nach dem BGH
Der BGH hat zu den Voraussetzungen der Mantelgründung am 18.01.2010 einen wichtigen Beschluss gefasst (Az: II ZR 61/09):
Eine Mantelverwendung, auf die die Regeln der sog. „wirtschaftlichen Neugründung“ anwendbar sind, kommt nur in Betracht, wenn die Gesellschaft eine leere Hülse ist, also kein aktives Unternehmen betreibt, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs – sei es auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines Tätigkeitsgebiets – in irgendeiner wirtschaftlich noch gewichtbaren Weise anknüpfen kann.
Eine leere Hülse liegt dann NICHT vor, wenn die Gesellschaft nach Gründung und Eintragung konkrete Aktivitäten zur Planung und Vorbereitung der Aufnahme ihrer nach außen gerichteten Geschäftstätigkeit im Rahmen des statuarischen Unternehmensgegenstandes entfaltet.
Mit diesem Urteil hat der BGH die Voraussetzungen der Anwendung der Regeln für die Mantelgründung dahingehend eingeschränkt, dass diese dann nicht mehr beachtet werden müssen, wenn nach der Gründung eine Geschäftstätigkeit vorbereitet wird. Im konkreten Fall war es nicht notwendig, die Geschäftstätigkeit wieder neu aufzunehmen, sondern es konnte vielmehr an die vorher stattgefundene Geschäftstätigkeit angeknüpft werden und die nachfolgende war nicht gänzlich neu. Der BGH meint, dass von einer wirtschaftlichen Neugründung tatsächlich nur bei einer leer gewordenen Hülse der vorhergehenden Gesellschaft auszugehen sei.
Gefahr der Unterbilanzhaftung bei der wirtschaftlichen Neugründung einer GmbH
So wie der BGH den Anwendungsbereich für die Mantelgründung einengt, verschärft das OLG München die Haftung der Gesellschafter bei unterlassener Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung einer Mantel-GmbH, indem es eine entsprechende Anwendung der Unterbilanzhaftung bei utnterbliebener Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung gegenüber dem Registergericht annimmt:
Unterbleibt – entgegen der Rechtsprechung des BGH-Beschlusses vom 07.07.2003 – II ZB 3/02 (BGHZ 155 S. 318 _= DB 2003 S. 2055) – die Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung einer GmbH gegenüber dem Registergericht, führt dies in entsprechender Anwendung des Haftungsmodells der Unterbilanzhaftung zu einer zeitlich unbeschränkten Haftung der Gesellschafter.
Diese Haftung trifft auch den Erwerber eines Geschäftsanteils einer GmbH.
Urteil des OLG München vom 11.03.2010, Az: 23 U 2814/09 (noch nicht rechtskräftig!).
Hiernach ist nicht nur eine registerrechtliche Präventivkontrolle möglich, sondern darüber hinaus besteht eine tatsächliche materiellrechtliche Haftung bei einer Mantelverwendung, wenn diese nicht dem Registergericht gegenüber angezeigt wird und bei der Gesellschaft von einer Unterkapitalisierung ausgegangen wird.
Von einer Unterkapitalisierung ist dann auszugehen, wenn die Gesellschaft für ihren Geschäftszweck mit zu wenig Eigenkapital ausgestattet ist und mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Mißerfolg zu Lasten der Gläubiger auszugehen ist. In einem solchen Falle haften die Gesellschafter – wenn das Urteil des OLG München beim BGH (Az: II ZR 56/2010) bestätigt werden sollte, zeitlich unbeschränkt.
Jan Köster
Die kanzleiköster ist eine auf das Gesellschaftsrecht spezialisierte Boutique-Kanzlei in Münchens Museums- und Universitätsviertel Maxvorstadt.
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