Die Möglichkeiten der Gründung einer GmbH stellten sich bislang als eher starres und über Jahrzehnte kaum verändertes Instrument dar. Gleich, ob im „klassischen“ Gründungsverfahren oder mittels des neueren, vereinfachten Verfahrens nach § 2 Abs. 1a GmbHG zeichnete sich die Gründung stets durch ein persönliches Erscheinen vor dem Notar aus. Dies kann insbesondere für ausländische, im Ausland niedergelassene und/oder vielbeschäftigte Gründer lästig sein.
In Zeiten, in denen selbst Hauptversammlungen einer AG im digitalen Raum abgehalten werden können, scheinen sich die Grenzen der Digitalisierung im deutschen Gesellschaftsrecht jedoch zunehmend in Richtung Modernisierung zu verschieben. Dieser Trend hat auch Einzug in das GmbH-Recht gehalten: Mit Inkrafttreten des DiRUG besteht seit dem 1. August 2022 die Möglichkeit einer „Online-Gründung“ nach § 2 Abs. 3 GmbHG.
Die gängige Bezeichnung „Online-Gründung“ ist hierbei ein wenig irreführend. Anders als der Titel vermuten lässt, handelt es sich nicht um ein online auszufüllendes Gründungsformular. Vielmehr wird der für die Gründung erforderliche Beurkundungsprozess vor dem Notar „verschoben“, wonach im Grundsatz keine tatsächliche Präsenz im Notarbüro erforderlich ist, sondern eine Beurkundung mittels Videokommunikation ausreicht.
Der Dreiklang der „Online-Gründung“:
Die neu eingeführte Möglichkeit der digitalen Beurkundung nach § 2 Abs. 3 GmbHG umfasst insgesamt drei Varianten:
- Die Unterzeichnung des individuell gestalteten Gesellschaftsvertrags mittels Videokommunikation durch eine qualifizierte elektronische Signatur (Satz 2),
- die Gründung im Wege des vereinfachten Verfahrens nach § 2 Abs. 1a GmbHG unter Verwendung des bislang bereits bestehenden Musterprotokolls (Satz 3 Alt. 1) und
- eine solche Gründung unter Verwendung des neu eingeführten Musterprotokolls in Anlage 2 des GmbHG (Satz 3 Alt. 2).
Wie läuft das Verfahren nun ab?
Wie für die meisten Neuerungen im Rahmen der Digitalisierung sind zunächst bestimmte technische Voraussetzungen zu erfüllen, um das Online-Angebot wahrnehmen zu können. Der Bundesnotarkammer war es ein Anliegen, dieses Angebot einer Online-Beurkundung einer breiten Masse zugänglich zu machen. Notwendig sind daher nur ein Laptop/PC, ein Smartphone, ein geeignetes Ausweisdokument (dazu sogleich mehr) sowie eine stabile Internetleitung.
Zunächst muss sich der Gründer im Browser über das Onlineportal der Bundesnotarkammer oder über die zugehörige „Notar-App“ registrieren, um auf dieser Plattform einen Notar kontaktieren zu können. Der Gründer schildert zunächst sein Anliegen, kann etwaige erforderliche Dokumente hochladen und vereinbart einen Gesprächstermin.
Während dieses Termins findet eine Videokonferenz statt, bei welcher aus dem Chip des Ausweisdokuments die eID sowie das Lichtbild ausgelesen werden. Auch dies geschieht mittels der „Notar-App“, wozu der Ausweis an das Smartphone gehalten werden muss. Die Identitätsüberprüfung ist dabei mit dem Prozedere am Flughafen vergleichbar, wo der Ausweis durch eine NFC-Schnittstelle ausgelesen wird. Im Anschluss daran werden die Personendaten überprüft und die Übereinstimmung des Lichtbildes mit der Person, die dem Notar in der Videokonferenz gegenübersitzt (Feststellung der Beteiligten, vgl. § 16c BeurkG).
Das weitere Verfahren ist dann mit dem einer Präsenzbeurkundung (vgl. § 13 BeurkG) gespiegelt: Die Urkunde wird vorgelesen, etwaige offene Fragen werden geklärt und zuletzt folgt nach der Genehmigung durch die Beteiligten die Unterzeichnung. Für die Unterzeichnung ist jedoch die Generierung einer qualifizierten elektronischen Signatur erforderlich, die der Gründer über die Notar-App bestätigen muss.
Welche Dokumente sind für die Legitimation genau erforderlich?
Wie bereits angedeutet, muss ein Gründer über einen geeigneten elektronischen Identitätsnachweis verfügen. Hierzu zählen gemäß § 16c BeurkG der neue Personalausweis, die eID-Karte für EU/EWR-Ausländer sowie der elektronische Aufenthaltstitel. Zusätzlich bedarf es eines Lichtbildes. Ausnahmsweise kann von letzterem abgesehen werden, wenn die beteiligte Person dem Notar persönlich bekannt ist – eine entsprechende Ausnahme findet sich in § 16c S. 3 BeurkG.
Für wen steht die Möglichkeit der „Online-Gründung“ überhaupt zur Verfügung?
Grundsätzlich steht die Gründungsmöglichkeit „ohne körperliche Anwesenheit der Beteiligten“ (wie der Gesetzgeber sie nennt) jedem zur Verfügung, der die oben genannten Voraussetzungen erfüllt.
Eine Einschränkung besteht jedoch dahingehend, dass der Wortlaut des § 2 Abs. 3 GmbHG von „einer Gründung ohne Sacheinlagen“ spricht. Hieraus lässt sich schließen, dass die „Online-Gründung“ ausschließlich für die UG – bei der ohnehin das Sacheinlage-Verbot nach § 5a Abs. 2 S. 2 GmbHG gilt – und einer mit Barmitteln zu gründenden GmbH zugelassen ist.
Allerdings ist das Online-Verfahren nicht auf eine Einpersonen-Gründung beschränkt, woraus für den Notar durchaus Schwierigkeiten bei der Schaffung eines angemessenen Interessenausgleich folgen können. Für Gründer selbst ist dieser Aspekt jedoch erfreulich.
Und manchmal kann der Notar dennoch die physische Anwesenheit im Büro verlangen …
… denn in Umsetzung und im Einklang mit der Digitalisierungsrichtlinie der EU sieht das DiRUG in § 16a Abs. 2 BeurkG die Ablehnung der Beurkundung mittels Videokommunikation durch den Notar vor, wenn zum Beispiel die Gefahr eines Identitätsmissbrauchs oder Zweifel an der Rechtsfähigkeit des Gründers bestehen. Hierin liegt eine weitere Maßnahme ein digitalisiertes Verfahren sicherer zu gestalten und potenzielle Gefahren einzudämmen.
Erfüllt der Gründer alle technischen Voraussetzungen und möchte eine UG oder eine GmbH mit Barmitteln gründen, so stellt sich zuletzt eine Frage:
„Ist die „Online-Gründung“ das richtige Mittel für mich?“
Erwartet man sich vom neuen Gründungsverfahren eine effiziente und kostengünstigere Alternative zum klassischen Beurkundungsverfahren im Notarbüro, so wird man teilweise wohl enttäuscht.
Unter Berücksichtigung der Anreisekosten in die Büroräume, decken sich die Kosten beider Verfahren größtenteils. Für die Inanspruchnahme des Videokommunikationssystems fällt bei einer Beurkundung eine zusätzliche Gebühr in Höhe von 25 EUR an. Die übrigen Kostenpunkte sind bei beiden Verfahrensarten identisch.
Effizient ist die „Online-Gründung“ jedoch in jedem Fall, wenn der Gesellschaftsvertrag auf die jeweilige Gründungskonstellation gut abgestimmt und zwischen den Gesellschaftern auch besprochen wurde. Tiefgreifende Verhandlungen und Abänderungen dürfen in dem digitalen Termin seitens des Notars nicht erwartet werden. Dies setzt zumeist eine Vorbesprechung zwischen Gesellschaftern und dem betreuenden Rechtsanwalt / Fachanwalt für Gesellschaftsrecht voraus um zu gewährleisten, dass der Vertrag die Interessen aller Gesellschafter berücksichtigt und konsitent ist, sowie mit den übrigen Dokumenten (wie z.B. einem Geschäftsführervertrag) auch harmoniert.
Insbesondere für die oben genannten Gründer im oder aus dem Ausland dürfte es sich hierbei um eine willkommene Neuerung handeln, die die Attraktivität der GmbH als Rechtsform steigert.
Fazit zum neuen Gründungsverfahren
Abschließend findet man in § 2 Abs. 3 GmbHG also eine gelungene neue Möglichkeit zur Gründung einer GmbH bzw. UG. Ob es sich dabei um den richtigen Weg für den oder die Gründer handelt, muss im Einzelfall abgewogen werden.
Fest steht allerdings, dass die bequeme Beurkundung mittels Videokommunikation das Ansehen der GmbH insbesondere im EU-Raum steigern wird. Auch Gründer werden sich dieser wieder verstärkt zuwenden. Obwohl sich die Kosten der beiden Verfahrensarten decken, findet sich seit dem 01.08.2022 ein weiterer begrüßenswerter Modernisierungsaspekt des deutschen Gesellschaftsrechts.
Gerne sind wir Ihnen bei der reibungslosen Vorbereitung des digitalen Termins behilflich und beraten Sie zu allen gesellschaftsrechtlichen Fragen in Zusammenhang mit einer GmbH-Gründung.
Wo sich die nächsten Neuerungen ergeben, lässt sich nicht vorhersehen – man darf jedoch gespannt auf die kommenden Entwicklungen blicken.
Jan Köster
Die kanzleiköster ist eine auf das Gesellschaftsrecht spezialisierte Boutique-Kanzlei in Münchens Museums- und Universitätsviertel Maxvorstadt.
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