In einer kürzlich ergangen Entscheidung hat sich das Oberlandesgericht Karlsruhe mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine wirksam erteilte Prokura den Prokuristen auch zur Änderung der inländischen GmbH-Geschäftsadresse ermächtigt.
OLG Karlsruhe v. 7.8.2014 – 11 Wx 17/14
Grundsätzlich wird der Fahrplan der Prokura in § 49 I HGB umrissen: So darf der Prokurist gerichtliche wie auch außergerichtliche Geschäfte und Rechtshandlungen tätigen, die im Handelsgewerbe anfallen. Diese weit gefasste Formulierung ist dabei durchaus intendiert, weil der Kreis potenzieller Geschäftspartner nicht darüber rätseln müssen soll, was der Prokurist nun darf und was nicht. Vielmehr sollen Dritte von einem umfangreichen, gesetzlich angelegten Befugniskatalog ausgehen dürfen. „Im Handelsgewerbe“ fallen nicht nur diejenigen Geschäfte an, die dem originären Geschäftsfeld entstammen sondern auch solche, die mit diesem nur lose im Zusammenhang stehen. Auch diese werden demnach von der Prokura umfasst.
Trotz all der Weite in Formulierung und Handhabung unterliegt auch die Prokura gewissen Grenzen, welche sich entweder aus dem Normgefüge §§ 48 – 53 HGB oder in ungeschriebener Form ergeben. Ausgenommen vom dem Umfang der Prokura sind unter anderem sogenannte Grundlagengeschäfte, welche die strukturelle- und organisatorische Ausrichtung des Gewerbes betreffen. Das Gericht hatte dementsprechend zu entscheiden, ob die Registeranmeldung bezüglich der Änderung der Geschäftsadresse in die zuletzt genannte Kategorie fällt.
Grundsätzlich regelt § 31 I HGB, dass die Anmeldung auch durch einen Bevollmächtigten vollzogen werden kann. Dies darf aber nicht mit der Frage nach dem Umfang der Prokura verwechselt werden. Zwar stellt das OLG fest, dass die Anmeldung nicht generell zu den angesprochenen Grundlagengeschäften zu zählen ist oder den Umfang der Prokura übersteigt. Allerdings folgt im Falle der GmbH aus § 35 II 3 GmbHG, dass an die Geschäftsadresse Schriftstücke und Willenserklärungen gerichtet werden können und bei diesem Vorgehen eine Vermutung für die Kenntnisnahme durch die Vertreter der Gesellschaft spricht. Aufgrund dieser wichtigen Funktion stellt die Änderung der Geschäftsadresse einer GmbH ein Grundlagengeschäft dar und ist dementsprechend dem Vertretungsbereich eines Prokuristen entzogen. Soll dennoch ein Prokurist diesbezüglich tätig werden, bedarf es einer entsprechenden Zusatzvollmacht. Ansonsten hat die Anmeldung gem. § 78 GmbHG durch die Geschäftsführer der Gesellschaft zu erfolgen.
Jan Köster
Die kanzleiköster ist eine auf das Gesellschaftsrecht spezialisierte Boutique-Kanzlei in Münchens Museums- und Universitätsviertel Maxvorstadt.
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