Anteilserwerb bei der Vor-GmbH?

Der Geschäftsanteil bestimmt darüber, wer Gesellschafter einer GmbH ist und wer nicht. Aus diesem ergeben sich alle Gesellschafterrechte. Allerdings kann das Interesse an der Mitgliedschaft abkühlen oder der Bedarf bestehen, den Wert des Geschäftsanteils durch Verkauf zu realisieren. Die Fungibilität des GmbH-Geschäftsanteils ist im Vergleich zu einer Aktie, die relativ einfach vom heimischen PC gekauft oder verkauft werden kann, leicht eingeschränkt. Dennoch sind die Anteile (ausser bei entsprechender Beschränkung durch den Gesellschaftsvertrag) gem. § 15 I GmbHG frei veräusserlich. Bei der Frage, wie der Erwerb vonstatten geht, ist zwischen der eingetragenen GmbH und der Vor-GmbH zu unterscheiden.

Ist die GmbH bereits eingetragen, können Geschäftsanteile problemlos mittels eines Vertrages in notarieller Form abgetreten werden. Praxisrelevant jedoch noch immer nicht eindeutig geklärt ist, ob eine Abtretung des Geschäftsanteils bereits vor der Eintragung – also bei der Vor-GmbH – möglich ist.

Nach wie vor geht die herrschende Meinung davon aus, dass im Gründungsstadium noch keine Geschäftsanteile bestehen und folglich auch eine Übertragung ausscheidet. Auch die MoMiG Reform hat es nicht vermocht, diese Meinung zu einer Abkehr zu bewegen. Zwar regelt § 3 I Nr. 4 GmbHG, dass die Gesellschafter schon mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages – also im Zeitraum der Vor-GmbH – Anteile gegen Einlage übernehmen. Dennoch ist dem Reformgesetzgeber nicht der Wille zu entnehmen von der herrschenden Meinung abzurücken.

Es gibt allerdings zwei Möglichkeiten der Übertragung dennoch zur Wirksamkeit zu verhelfen. Einerseits kann vereinbart werden, dass die künftigen Geschäftsanteile – welche mit Eintragung der GmbH entstehen – übertragen werden. Hierdurch ensteht zunächst ein Anwartschaftsrecht, welches mit der Kaufpreiszahlung und Eintragung zum Vollrecht erstarkt. Andererseits deutet die Rechtsprechung notariell beurkundete Anteilsübertragungen im Stadium der Vor-GmbH einfach in satzungsändernde Verträge um. Dies ist auch ohne Eintragung problemlos möglich, da § 54 Abs. 3 GmbHG im Gründungsstadium keine Anwendung findet. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Satzungsänderung durch alle Gründer erfolgt.

Fazit: Auch wenn die Gegenauffassung gewichtige Stimmen des Gesellschaftsrechts umfasst, scheint die herrschende Meinung besonders in der Rechtsprechung weiter auf dem Vormarsch zu sein. Dies unterstreicht auch ein kürzlich ergangenes Urteil des OLG Thüringen (Urt. v. 5.12.2012 – 2 U 557/12), welches sich erneut in die herrschende Meinung einreiht.

 

Benno von Braunbehrens

Benno von Braunbehrens

Rechtsanwalt Benno von Braunbehrens befasst sich seit Jahren mit Themen rund um das GmbH- und Gesellschaftsrecht.

Nach seinem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität mit Schwerpunkt Kapitalgesellschaftsrecht absolvierte er sein Referendariat an dem Oberlandesgericht München. Seine Ausbildung führte ihn u.a. zu einem Venture Capital Fond in Kopenhagen, wie einer großen Wirtschaftskanzlei in New York.
Benno von Braunbehrens