Das neue Geschäftsgeheimnisschutzgesetz

Der Bundestag hat am 21.3.2019 das neue Geschäftsgeheimnisschutzgesetz (GeschGehG) zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung verabschiedet. Das GeschGehG trat am 18. April 2019 in Kraft. Es ersetzt nun die bislang im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) enthaltenen §§ 17-19.

„Geschäftsgeheimnisse“ nach dem Geschäftsgeheimnisschutzgesetz

Bereits in § 17 UWG wurde der Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen unter Strafe gestellt.  Eine genaue Definition des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses suchte man in der Norm aber bislang vergeblich. Zweck des neuen Geschäftsgeheimnisschutzgesetz und der europäischen Richtlinie war somit – neben dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor unerlaubter Erlangung, Nutzung und Offenlegung – auch die Vereinheitlichung der Regelungen und damit eine erhöhte Rechtssicherheit für den Rechtsanwender. Ein Geschäftsgeheimnis ist nunmehr in § 2 Nr. 1 Geschäftsgeheimnisschutzgesetz legaldefiniert:

„Im Sinne dieses Gesetzes ist

  1. Geschäftsgeheimnis

          eine Information

    • a) die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
    • b) die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und
    • c) bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.“

 

Bereits diese Definition sollten Unternehmen nun zum Anlass nehmen und „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“ treffen, um dem Schutz des neuen GeschGehG zu unterfallen (etwa Geheimhaltungsvereinbarungen, interne Zugangsbeschränkungen, interne Sicherheitsanweisungen, Vertraulichkeitsstufen, Firewalls, Einrichtung spezieller IT-Systeme etc.).

Im Gegensatz zur bisher geltenden Rechtslage, bei der man einen subjektiven Geheimhaltungswillen ausreichen ließ, wird von den Unternehmen nun also ein Aktives Handeln hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen gefordert, für die sie im Zweifel sogar beweispflichtig sind. Andernfalls laufen sie Gefahr, dass die relevanten Informationen nicht unter den Begriff des geschützten Geschäftsgeheimnisses fallen und ihnen somit Ansprüche aufgrund unerlaubter Erlangung und Offenlegung entgehen. Welche Maßnahmen dabei als „angemessen“ gelten wird nicht genauer definiert. Dies ist vielmehr durch Einzelfallbetrachtung zu entscheiden (z.B. Größe des Unternehmens, Wert des Geheimnisses allgemein und für das Unternehmen, Kosten, Aufwand hinsichtlich etwaiger Maßnahmen). Jedoch ist davon auszugehen, dass die Anforderungen an Schutzmaßnahmen mit der erhöhten Vertraulichkeit und Schutzwürdigkeit der Informationen ebenfalls steigen.

Erhöhter Schutz von Whistleblowern

Die oft in politischer Diskussion stehenden Whistleblower, also Hinweisgeber für besonders im öffentlichen Interesse stehende Informationen, werden durch den neuen  § 5 GeschGehG besonders in Schutz genommen. Denn durch die Neuregelung wird das sog. „Whistleblowing“ vom sonstigen Tatbestand der Handlungsverbote (§ 4 GeschGehG) ausgenommen und somit straffrei gestellt:

„Die Erlangung, die Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses fällt nicht unter die Verbote des § 4, wenn dies zum Schutz eines berechtigten Interesses erfolgt, insbesondere

  1. (…)
  2. zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens, wenn die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung geeignet ist, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen.“

Dabei ist zu beachten, dass es nun nicht mehr nötig ist, dass der Hinweisgeber ausschließlich im öffentlichen Interesse handelt und die Informationen frei gibt, sondern auch sog. Mischmotivationen bereits unter den Schutz des § 5 Nr. 2 Geschäftsgeheimnisschutzgesetz fallen. Dies eröffnet dem Rechtsanwender die Chance besser auf den Einzelfall zu reagieren. Wie weit dieses Merkmal tatsächlich in der Praxis ausgelegt wird, wird die Zukunft zeigen müssen.

Reverse Engineering

Neu aufgenommen in § 3 Abs. 2 Nr. 2 Geschäftsgeheimnisschutzgesetz wurde das sog. Reverse Engineering, also das „Rückbauen”. Gemeint ist dabei vor allem das Untersuchen, Rückbauen und Testen der Produkte Dritter, mit dem Ziel das dahinter steckende Know-How und den Aufbau in Erfahrung zu bringen.

Nach den bisher geltenden §§ 17 ff. UWG war das Rückbauen in Deutschland unzulässig. Aufgrund des neuen GeschGehG ist diese Möglichkeit nun endgültig als zulässig anzusehen. Erlangt werden darf ein Geschäftsgeheimnis demnach durch

„2. ein Beobachten, Untersuchen, Rückbauen oder Testen eines Produkts oder Gegenstands, das oder der

  1.  a) öffentlich verfügbar gemacht wurde oder
  2. b) sich im rechtmäßigen Besitz des Beobachtenden, Untersuchenden, Rückbauenden oder Testenden befindet und dieser keiner Pflicht zur Beschränkung der Erlangung des Geschäftsgeheimnisses unterliegt.“

Zum Schutz der Unternehmen bleibt es aber weiterhin möglich, sich auf Bestimmungen des Urheber-, Patent– oder Lauterkeitsrechts zu berufen.

Ansprüche für Inhaber von Geschäftsgeheimnissen

Das neue GeschGehG gewährt dem geschädigten Inhaber von Geschäftsgeheimnissen umfangreiche Möglichkeiten, Ansprüche gegen den Schädiger geltend zu machen.

Der Inhaber kam etwa gem. § 6 GeschGehG „den Rechtsverletzer auf Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr auch auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Rechtsverletzung erstmalig droht.“ Daneben besteht nach § 7 GeschGehG die Möglichkeit eines Anspruchs auf Vernichtung, Herausgabe, Rückruf oder Entfernung und Rücknahme der rechtsverletzenden Produkte vom Markt. Noch unterstützt werden die Rechte aus §§ 6 f. GeschGehG durch einen in § 8 GeschGehG verankerten Auskunftsanspruch des Inhabers gegenüber dem Rechtsverletzer.

Neu ist dabei auch, dass die genannten Ansprüche gem. § 12 GeschGehG auch gegenüber einem anderen Unternehmensinhaber gelten gemacht werden können, sofern der Rechtsverletzer dort Mitarbeiter ist.

Schließlich finden sich die bisher in den §§ 17-19 UWG verankerten Straftatbestände in ähnlicher Ausführung in § 23 GeschGehG wieder.

Verfahrensrechtliche Neuerungen

Im Rahmen gerichtlicher Streitigkeiten können die Gerichte nun den Parteien aufgrund der §§ 16 ff. Geschäftsgeheimnisschutzgesetz Maßnahmen zum Schutz der betreffenden Geheimnisse auferlegen (etwa besondere Vertraulichkeitsvereinbarungen für die Parteien). Im Falle der Zuwiderhandlung drohen zudem Ordnungsgelder bis zu 100.000,00 Euro.

Fazit

Die Einführung des neuen Geschäftsgeheimnisschutzgesetzes erweitert vor allem den Schutz der Inhaber von Geschäftsgeheimnissen. Um in den Genuss dieser Privilegierungen zu kommen, sind die Unternehmen nun jedoch angehalten, ihrerseits die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Andernfalls laufen sie Gefahr, mögliche Ansprüche aufgrund Rechtsverletzungen nicht durchsetzen zu können.

Dabei sollten die Anforderungen an die entsprechenden Maßnahmen jedoch genau abgewogen und die Pflicht zum eigenen Tätigwerden nicht unterschätzt werden, insbesondere aufgrund des Umstands, dass die Tragweite des neuen Gesetzes und die damit einhergehenden Folgen in der Öffentlichkeit noch keine große Aufmerksamkeit bekommen haben.