In einem äußerst interessanten und praxisrelevanten Urteil hat das OLG Hamburg (OLG Hamburg, Urt. v. 22.3.2013 – 11 U 27/12) wichtige Fragestellungen im Grenzbereich zwischen Arbeits- und Gesellschaftsrecht einer Antwort zugeführt. Vornehmlich ging es um die Zuständigkeit für die Kündigung eines Geschäftsführers der Komplementär GmbH in einer GmbH & Co. KG, wobei eine Fülle von Nebenkriegsschauplätzen der Kündigung ebenfalls abgehandelt wurden.
In der entschiedenen Konstellation handelte es sich mit einer Einheits-KG um eine Spezialform der GmbH & Co. KG. Während sich eine normale GmbH & Co. KG dadurch auszeichnet, dass die unbeschränkt haftende Komplementärin eine GmbH ist, deren Gesellschaftsanteile extern gehalten werden, hat bei einer Einheits-KG die KG alle Gesellschaftsanteile ihrer Komplementär-GmbH selbst inne und ist damit deren Alleingesellschafterin. Die Komplementär-GmbH wird auf diese Weise zur Einmann-GmbH.
Soll nun der bei der KG angestellte Geschäftsführer der Komplementär GmbH gekündigt werden, stellt sich die Frage, wer in diesem gesellschaftsrechtlichen Wirrwarr hierfür die Kompetenz innehat. Von dieser Frage hängt die Wirksamkeit der Kündigung und eventuell die Einhaltung der relevanten Kündigungsfristen mit all ihren empfindlichen wirtschaftlichen Konsequenzen ab.
Hinsichtlich der Zuständigkeit für die Kündigung zeigen sich die Besonderheiten der Einheits-KG ganz deutlich. Normalerweise obliegt nach § 46 Nr. 5 GmbHG die Kündigung oder Abberufung des Geschäftsführers den Gesellschaftern der Gesellschaft, für welche der Geschäftsführer bestellt wurde. Bei einer Einheits-KG werden allerdings die Rechte der Gesellschafterversammlung durch die Geschäftsführer der Komplemtär-GmbH selbst wahrgenommen, so dass über die Kündigung – statt den Gesellschaftern – die Mitgeschäftsführer der Komplementär-GmbH zu entscheiden haben. Und noch eine weitere Besonderheit ergibt sich: Da es sich aufgrund der Gesellschafterstruktur wie oben gezeigt um eine Einmann-GmbH handelt, können die Beschlussfassung und deren praktische Umsetzung solange der Inhalt gesichert und eine Manipulation ausgeschlossen ist zusammenfallen, ohne dass der Beschluss gesondert niedergeschrieben werden müsste. Die schriftliche Fixierung des Gesellschafterwillens in Form eines Kündigungsschreibens genügt. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass bei einer Einmann-GmbH die Willensbildung in einem Gesellschafter zentriert ist und demnach ad-hoc Beschlüsse ohne vorangehende förmliche Gesellschafterversammlung möglich sind.
Problematisch könnte die Doppelfunktion der kündigenden Geschäftsführer bezüglich ihrer Tätigkeit sowohl für die GmbH als auch für die KG aber insofern sein, dass klar hervortreten muss, dass das Handeln bei der Kündigung für die GmbH erfolgt. Aber selbst dies ist nicht immer ausnahmslos zu fordern. Die jeweils wahrgenommene Funktion ist nicht nur aus dem Wortlaut zu erschließen sondern kann sich auch aus den Gesamtumständen ergeben, wobei der Empfänger umso weniger schutzbedürftig ist, je besser er hinsichtlich der jeweiligen Kompetenzen Bescheid weiß. Da der Geschäftsführer der GmbH in der Regel Kenntnis davon hat, dass es sich um eine Einheits-KG handelt und wer die jeweiligen Kommanditisten sind, wäre selbst eine Kündigung im Namen der KG statt im Namen der GmbH wirksam, obwohl mit dieser kein Dienstverhältnis besteht. Dennoch empfiehlt sich natürlich eine klare Formulierung der Kündigung, um von Anfang an jegliche Zweifel zu zerstreuen.
Ein weiterer Dauerbrenner aus dem Grenzbereich zwischen Arbeitsrecht und Gesellschaftsrecht wurde leider nicht obiter dictum mitentschieden: Die Frage, ob sich der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH auf den ersten Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes berufen kann, oder ob hierfür die nötige Arbeitnehmereigenschaft fehlt. Grundsätzlich wird eine Arbeitnehmereigenschaft des Geschäftsführers als Vertretungsorgans mangels arbeitsrechtlicher Direktionsbefugnis zu verneinen sein. Höchstens bei einer besonderen Weisungsgebundenheit kann die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ausnahmsweise zu bejahen sein. Zusätzlich ist zu beachten, dass ein neben den Dienstvertrag beispielsweise mit der KG bestehender Arbeitsvertrag rechtlich separat zu behandeln ist, so dass auf dieser Ebene Kündigungsschutz zu gewähren ist, während er auf der Ebene des Dienstverhältnisses zu verneinen ist.
Zusätzlich ist das Gericht der Meinung, dass die ordentliche Kündigung eines Geschäftsführer-Dienstverhältnisses ihre Rechtfertigung in sich trage und deshalb ohne rechtfertigenden Grund erfolgen könne. Dies ergäbe sich aus der Vertrauensstellung und der Unternehmerfunktion des Geschäftsführers. Da sich das OLG Hamburg hierbei auf eine Entscheidung des BGH beruft, welche einer wiedersprechenden Entscheidung des EUGH (EUGH v. 11.11.2010 – Rs. C-232/09 – Dagnosa) zeitlich vorausgeht, ist diese Entscheidung hinsichtlich willkürlichen Kündigungen bis zu einer erneuten höchstgerichtlichen Entscheidung eher mit Vorsicht zu genießen.
Benno von Braunbehrens
Nach seinem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität mit Schwerpunkt Kapitalgesellschaftsrecht absolvierte er sein Referendariat an dem Oberlandesgericht München. Seine Ausbildung führte ihn u.a. zu einem Venture Capital Fond in Kopenhagen, wie einer großen Wirtschaftskanzlei in New York.