Kündigungsschutz der Arbeitnehmer (KSchG) auch für Geschäftsführer?

Aufgrund seiner Organstellung für die GmbH gelten die Regeln des Kündigungsschutzes der Arbeitnehmer, namentlich das Kündigungsschutzgesetz, nicht für Geschäftsführer. Dies wird von der Rechtsprechung damit begründet, dass dieser als Organ der Gesellschaft auch deren Arbeitgeberfunktion ausübt.

Nunmehr hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10.05.2010 entschieden, dass die Regeln des Kündigungsschutzes für Arbeitnehmer auch für Geschäftsführer gelten kann; und zwar dann, wenn eine entsprechende Regelung im Geschäftsführeranstellungsvertrag getroffen ist.

Was hat der Bundesgerichtshof entschieden?

Der BGH hat mit Urteil vom 10.05.2010 (Az: II ZR 70/09) eine Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. aufgehoben und wie folgt entschieden:

„Im Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer GmbH kann vereinbart werden, dass die materiellen Regeln des Kündigungsschutzgesetzes zu Gunsten des Organmitglieds gelten sollen. In einem solchen Fall ist durch Auslegung des Vertrags festzustellen, ob sich die Gesellschaft in Anlehnung an §§ 9f. KSchG gegen Abfindung aus dem Vertrag lösen kann.“

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs schließt die rechtliche Einstufung des Geschäftsführeranstellungsvertrag als freier Dienstvertrag nicht aus, dass die Parteien durch Ausübung ihrer Vertragsfreiheit vereinbaren, dass arbeitsrechtliche Normen gelten sollen. Allerdings sei das Anstellungsverhältnis immer nachrangig gegenüber der Organstellung zu sehen und derartige dienstvertragliche Regelungen dürfen nicht in die gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung des Organverhältnisses eingreifen.

Letztere Regelungen gewährleisten die Funktionstüchtigkeit der Gesellschaft an sich und dürfen nicht aufgehoben werden. Mithin muss eine Abberufung des Geschäftsführers jederzeit möglich sein, wie es § 38 Absatz 1 GmbHG vorsieht. Aufgrund des vorhandenen Trennungsgrundsatzes (dieser besagt: Organ- und Anstellungsverhältnis sind in ihrem Bestand unabhängig voneinander) wird die Bestellungs- und Abberufungsfreiheit durch die Einschränkung der Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags nur mittelbar berührt da der Gesellschaft für den Fall der Abberfung lediglich wirtschaftliche Belastungen entstehen können; ihr die Freiheit der Abberufung des GF an sich aber nicht genommen wird.

Praxiskommentar:

Nach dieser Entscheidung des BGH können Geschäftsführer einer GmbH, die aus einem vorherigen Anstellungsverhältnis in diese Position kommen, mit den Gesellschaftern verhandeln, ob nicht eine Klausel in den Geschäftsführerdienstvertrag aufgenommen wird, wonach die Regeln des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung finden. Dann kann auch die Regelung des § 9 KSchG bezüglich einer Abfindung im Falle einer Kündigung gelten.

Jan Köster

Rechtsanwalt Jan Köster ist seit 2009 Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht seit 2007 Fachanwalt für Steuerrecht.
Die kanzleiköster ist eine auf das Gesellschaftsrecht spezialisierte Boutique-Kanzlei in Münchens Museums- und Universitätsviertel Maxvorstadt.